Von Tadmur gen Osten immer Richtung Irak,
dann links und schon ist das Gefährt nach einem heißen Tag,
hunderten Kilometern durch die Wüste und dem Passieren wenig einladender
Siedlungen in Kashmili. Der Grenzort zur Türkei besticht durch quirliges
Leben und einen leicht zu übersehenden Grenzübergang, der täglich
leider nur von 9 bis 15 Uhr geöffnet hat. Die Reiseplanung wird umgeworfen,
ein Hotel gesucht, wieder mal syrisch geschlemmt und früh zu Bett
gegangen. Dabei hilft die nächtliche Ausgangssperre, wir sind im
Kurdengebiet.
Am kommenden Morgen lernt unser Freund Höfel syrische Medizinkunst
kennen. Eine Zerrung im Leistenbereich hatte ihn schon in den vergangenen
Tagen der Mobilität nahezu beraubt, der Arzt des örtlichen Krankenhauses
behebt den Schaden mittels schmerzhafter Beindrehungen und einer Spritze.
Nunmehr als Truppe wieder gesundet, absolvieren wir bei brütender
Hitze die schon obligatorisch gewordenen zwei Stunden Wartezeit am Grenzübergang.
Die Beamten entspannen sich im Schatten der einzigen Bäume weit und
breit von etwa drei bis vier passierwilligen Fahrzeugen pro Stunde. Zusätzliche
Zahlungen für Veterinärmaßnahmen oder ähnlich fragwürdige
Gebühren gehen uns ohne Aufmucken schon gut von der Hand.
Auf der anderen Seite empfängt uns ein LKW-Aufkommen, wie es selbst
auf amerikanischen Truckertreffen nicht anzutreffen ist. Die Palette reicht
dabei von nagelneu bis hin zu an der Straße zu hunderten vor sich
hin rostend. Uns ist es nicht gelungen, den wahren Grund für diese
Transportfahrzeug-Konzentration zu ermitteln, wer mehr weiß, informiere
mich bitte unter gr@w80.de.
Und dann tauchen wir in Kurdistan ein. Das hat nichts mehr mit der romantischen
Wildheit Karl Mays zu tun, sondern ist aufgrund der jahrzehntelangen Kämpfe
zwischen Separatisten und türkischen Einheiten ein kompliziertes
Pflaster. Reiseführer raten Touristen immer noch von der Durchreise
ab. Dabei sollte die überwältigende Berglandschaft eigentlich
für einen wahren Ansturm von Naturfreunden und Klettersportlern sorgen.
Wir wählen die Fernstraße über Simak nach Hakkari. Mit
erheblichen Steigungen windet sie sich durchs Gebirge, unser Gefährt
müht sich schwer und bringt uns bis auf eine Höhe von 2500 Metern.
Dabei scheint es sich etwas übernommen zu haben, die Motorleistung
nimmt von Kilometer zu Kilometer beängstigend ab. Maschine diagnostiziert
ein Problem an der Dieselzufuhr, das sich aber nicht lokalisieren lässt.
Die Aussicht, die Nacht in diesem nicht besonders sicheren und nachts
sehr kalten Gebiet verbringen zu müssen, drückt auf die Stimmung.
Das scheint unser Freund zu spüren, und rafft sich zwischendurch
immer mal wieder zu voller Leistung auf, uff.
Mit der Annäherung an die irakische Grenze, die von einem kleinen
Flüsschen markiert wird, beginnen die Armeekontrollen. Am Wegesrand
sind in regelmäßigen Abständen Schützenpanzerwagen
eingegraben, hinter Sandsackwällen halten MG- Schützen ihr Rohre
in den Himmel. Die Soldaten an den Kontrollposten sind blutjung, freundlich
und lachen viel. Sobald wir uns als Deutsche geoutet haben, findet sich
meistens einer, der in Deutschland gelebt hat oder zumindestens jemanden
kennt, der wieder jemanden kennt ... Unser Kennzeichen J-LL wird hier
zu Jalala, eine gute phonetische Beschreibung der Höhen und Tiefen
des heutigen Tages.
An jedem Posten, wir passieren auf unserem Weg etwa zehn davon, werden
unsere Pässe eingesammelt und akribisch aufgeschrieben. Das dauert,
in der Zwischenzeit machen wir mit den Uniformierten in Konversation,
Zigaretten werden ausgetauscht. Kommentar eines Soldaten: „Nehmt
ruhig die ganze Schachtel, ist eh Schmuggel-Ware“.
Gegen 22.30 Uhr erreichen wir Hakkari, das als PKK- und Schmugglerhochburg
gilt. In dem 50.000 Einwohner zählenden Ort gibt es zwei Hotels,
nächtliche Ausgangssperre und sogar ein Internet-Cafe. Von den Hotels
beziehen wir das bessere, trotz Ausgangssperre gibt’s noch Suppe
und Bier und im Internet-Cafe können noch Bilder abgesetzt werden.
Damit findet der bisher emotionalste Tag unserer Reise sein Ende.
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zum tagesbericht vom 27.06.2004
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